Beschreibung
Oberamts Laupheim
Herausgegeben von dem
Königlichen statistischen
topographischen Bureau
Stuttgart 1856
Burgrieden
Auf
einer von der nahe vorbeifließenden Roth östlich gelegenen Anhöhe, von der
man eine reizende Aussicht in das angenehme Roth-Thal und gegen nordwest in das
Donau-Thal genießt, ist 1 Stunde östlich von Laupheim der große, unregelmäßig
gebaute übrigens freundliche Ort, ziemlich uneben gelegen. Die Gebäude sind im
allgemeinen gefällig, dagegen lassen die Ortstraßen in Beziehung auf
Reinlichkeit noch manches zu wünschen übrig.
Am südöstlichen
Ende des Dorfs steht ziemlich erhöht die Pfarrkirche zum heil. Albanus, mit
ihren hohen, weithin sichtbaren Thurme; derselbe hat sich noch von der früheren
Kirche erhalten, ist viereckig, massiv erbaut, und hat in seinem unteren
Stockwerken einfache Schußscharten, während im oberen Stockwerke spitzbogige
Schallöcher angebracht sind. Auf letzteres sitzt ein Satteldach, an dessen
Giebelseiten sich frühgermanische Verzierungen befinden. Das Langhaus wurde im
Jahr 1740 an der Stelle des früheren in einem einfachen, modernen style neu
erbaut, wozu man Materialien einer im Walde, in der Nähe des Weihung-Thals
abgebrochenen Kapelle benützte; dasselbe ist in den Jahren 1842/43 erweitert
worden. Das Innere der
Kirche ist
freundlich, hell und mit Deckenmalereien geziert. Um die Kirche liegt der Begräbnisplatz,
auf dem außer den Ortseinwohnern ach die Filialisten, mit Ausnahme der von
Hochstetten, beerdigt werden.
Nördlich
der Kirche steht das 1771 erbaute Pfarrhaus, welches im Jahr 1838 mit einem
Aufwande von 716fl. bedeutend verbessert wurde. Bei der Baulast desselben, sowie
der Kirche sind die unten genannten Gutsherren, der Spital Biberach und als
Nachfolger des Klosters Heggbach der Graf von Waldbott-Bassenheim beteiligt.
Das
Schulhaus, in welchen sich auch die Wohnung des Lehrers und die Gelasse für den
Gemeinderath befinden, wurde im Jahr 1844 erbaut. Auch ist ein Gemeindebackhaus
vorhanden.
Außer zwei laufenden Brunnen
im Ort liefern noch mehrere Pumpbrunnen gutes Trinkwasser im Überfluß.
Die im
allgemeinen gesunden und wohlgewachsenen Einwohner treiben meistens Feldbau und
Viehzucht, auch beschäftigen sich viele durch Holzmachen in den Staats- und
Spitalwaldungen. Außer kleineren Gewerben für den nötigen örtlichen Bedarf
sind auch einige Schildwirtschaften mit Brauererien vorhanden, und außerhalb
des Dorfs steht an der Roth eine Mühle mit drei Mahlgängen und einem Gerbgang.
Zur Sicherung des Verkehrs sind Vicinalstraßen nach Achstetten, Roth und nach
Laupheim angelegt.
Der
Gemeindebezirk wird von dem Roth-Thale durchzogen, dessen beinahe 1/4 Stunde
breite Thalebene man meist für den Wiesenbau benützt; die übrigen Feldgüter
liegen theils an den unbeträchtlichen Thalgehängen, teils ziemlich eben auf
den Anhöhen; der östliche Teil des verhältnismäßig nicht großen
Gemeindebezirks ist mit Wald bestockt.
Der
Boden ist im allgemeinen fruchtbar und besteht, namentlich in dem westlichen
Teil des Gemeindebezirks, aus einem leichten Diluviallehm, während derselbe im
östlichen Teile etwas thoniger und schwerer erscheint; in der Roththalebene
dagegen tritt Moorgrund auf.
Das
Klima ist ziemlich mild, jedoch etwas rauher als in den Donaugegenden.
Die
Landwirtschaft wird im allgemeinen gut betrieben; namentlich wirkt der Gastwirth
Linder, der ein großes Gut und einen bedeutenden Viehbestand nebst Käserei
besitzt, durch seinen umsichtigen Betrieb vorteilhaft auf dieselbe ein. Zweckmäßige
Neuerungen, wie die Einführung des Hohenheimer Pflugs, die Verbesserung der Düngerstätten,
die fleißige Benützung der Jauche u.f.m. haben längst Eingang gefunden. Nach
der Dreifelderwirtschaft baut man Dinkel, Roggen, Gerste, Hafer und Wicken,
wobei durchschnittlicher Ertrag von 7 1/2 Scheffel Dinkel, 2 1/2 Scheffel
Roggen, 3 Scheffel Gerste und 4 Scheffel Hafer p.r. Morgen erzielt wird. Dinkel
und
Wicken gerathen
vorzugsweise. In der zur Hälfte angeblümten Brache kommen hauptsächlich
Kartoffeln, Futterkräuter (dreiblättriger Klee) und viel Flachs zum Anbau; von
Handelsgewächsen zieht man außer Flachs auch Reps und Hopfen. Die geringen
Preise eines Morgens Acker betragen 100 fl. , die mittleren 150 fl. Und die höchsten
250 fl. Die Getreidefrüchte werden Größtentheils in die benachbarten Städte
Ulm, Biberach und Laupheim abgesetzt.
Die
durchgängig zweimähigen, übrigens nicht bewässerten Wiesen liefern etwa zur
Hälfte ein sehr gutes Futter, und ertragen PR. Morgen 16 Zentner Heu und 10
Zentner Oehmd. Die Preise eines Morgens bewegen sich von 250 - 350 fl.
Die
Obstzucht, welche sich meist mit den gewöhnlichen Kernobstsorten beschäftigt,
ist im Zunehmen begriffen, außer den um den Ort liegenden Obstgärten sind noch
die bedeutenden Straßen mit Obstbäumen besetzt. Das Obst gedeiht gerne, und
wird theils selbst verbraucht, theils verkauft.Obschon eine Baumschule besteht,
werden immer noch Jungstämme von außen bezogen.
Eigene
Waldungen besitzt die Gemeinde nicht, indessen können die Ortseinwohner ihren
Holzbedarf aus den nahe gelegenen Waldungen des Grafen v. Fugger und des
Hofskapitals Biberach aus eine leichte Weise beziehen.
Die
Gemeinde-Schafweide wird jährlich um 100 -200 fl. verpachtet.Die Rindviehzucht
ist in gutem Zustande und wird durch zwei Schweizersarren, welche die Gemeinde
anschafft und gegen 30 fl. PR. Stück in Verpflegung gibt,
immer noch verbessert. Mit Vieh wird Handel auf benachbarten Märkten
getrieben.
Nach
der Ernte findet noch Viehaustrieb statt.
Pferde
werden von gewöhnlichem Landschlag gezogen, übrigens ist die Zucht im Abnehmen
begriffen, indem die Benützung der Bespannung des Pflugs häufig mit Kühen
geschieht. Mit Pferden wird einiger Handel nach außen getrieben.
Schweine,
häufig als Ferkel aus Bayern gekauft und auch selbst gezüchtet, werden viele
gemästet, und theils zum eigenen Bedarf verwendet, theils verkauft; mit
Geflügel (Gänse, Hühner, Enten) wird in die benachbarten Städte ein kleiner
Handel unterhalten.
Auf
dem nahe bei dem Dorf gelegenen Wilerberg soll eine Burg gestanden sein. Von den
mit eigener Markung versehenen Gemeinde-Parzellen ist. Bürg, ein aus einigen
ansehnlichen, weit auseinander gebauten Häußern bestehender Weiler, an der
Roth, 1/8 Stunde südwestlich von dem Mutterort und 3/4 Stunden südlich von
Ober-Holzheim gelegen. Im Ort ist ein besonderer Lehrer angestellt, der in einem
dem Hospital Biberach gehörigen Gebäude die Kinder der evangelischen Einwohner
von bürg und dem nah gelegenen Hochstetten unterrichtet. Eine über die Roth
angelegte hölzerne Brücke und zwei Stege verbinden die Ufer unter sich mit dem
Mutterort.
Auf
der linken Seite der Roth steht zunächst am Ort ein künstlich aufgeworfener,
etwa 40m
hoher Hügel, die Burg
oder Bürg genannt, wovon nicht nur der Weiler selbst, sondern vermutlich auch
Burgrieden ihre Namen erhielten. Um den Hügel lies früher ein von der Roth
gespeister Wassergraben, daher die daselbst befindlichen Wiesen noch heute die
„Weiherwiesen“ genannt werden. Obgleich der obere Raum des Hügels ziemlich
klein ist und durchaus keine Spuren von Mauerresten enthält, so scheint doch,
nach den im Hügel häufig aufgefundenen Kohlen, Ziegelresten, Hufeisen, Gefäßfragmenten
u.f.m., früher eine kleine Burg, oder was wahrscheinlicher ist, ein Wachturm
daselbst gestanden zu haben.
Hochstetten,
Weiler, liegt an den östlich geneigten Gehängen gegen das Roththal, nur 1/8
Stunde von bürg und 1/4 Stunde südwestlich von Burgrieden; der Ort ist weitläufig
gebaut und der östliche Teil desselben mit Obstgärten umgeben.
Die
natürlichen und die landwirtschaftlichen Verhältnisse sind, wie auch in Bürg,
denen des
Mutterorts
gleich. Die evangelischen Ortseinwohner haben ihren Begräbnisplatz in
Ober-Holzheim.
Der
Weiler Holz-Mühle besteht aus einem ansehnlichen Hause und aus einer vier Mahlgänge
(worunter ein Kunstgang) und ein Gerbgang enthaltenen Mühle, welche auf der
Markung Ober-Holzheim an der Roth, 3/4 Stunden nordwestlich von Burgrieden,
gelegen ist.
In früheren
Zeiten war Burgrieden ganz oder theilweise Eigentum der von Freiberg-Achstetten.
Im Jahr 1453 kaufte der Spital zu Ulm von Hans Reuter, Burger zu Ulm, Leute und
Güter zu Burgrieden, Bühl, Hochstetten, Roth und an ein paar anderen Orten um
6800 fl.; Dorf und Weiler Burgrieden selbst, sowie auch Leute und Güter „zu
den Burgkhofen“, Hochstetten und Bühl wurden von dem Hans Reuterschen Erben
in Jahr 1466 an den Spital Biberach verkauft. Derselbst sicherte sich hier im
Jahr 1533 die malerische Obrigkeit durch Übereinkunft mit den Herren von
Fugger, und ertauschte im Jahr 1537 den hiesigen großen und kleinen Zehnten von
Hans Simon von Stadion gegen die Pfarrei zu Hundersingen. Bis zum Jahr 102 gehörte
der Ort diesem Spital, sofern dieser die meisten gutherrlichen Einkünfte besaß,
und theilte in
diesem
Jahrhundert in Beziehung auf den Wechsel der Herren die Schicksale der übrigen
Orte desselben.
Im Mai
1420 übergaben die drei Brüder Eberhard, Wilhelm und Hans von Freiberg, den
Plan ihres verstorbenen Bruders vollführend, dem Kloster Heggbach den
Kirchplatz und die
Kirche zu
Burgrieden mit Widdum, Zehnten und sonstigen Zugehörungen (ausgenommen die
Vogtei), welche Stiftung Papst Martin V, dem Kloster Heggbach einverleibte.
Solches besaß bis zu seiner Aufhebung das Patronatrecht und einen Bauernhof.
Mit der Abtei Heggbach selbst gelangte deren hiesige Besitzung im Jahr 1803 an
den Grafen Waldbott-Bassenheim.