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Stephan Gründler 

22.06.1927 – 11.09.2010

Stephan Gründler lernte ich gleich zu Beginn meiner Recherchetätigkeit über die Firma Steiger kennen. Er half mir zunächst ein Reprostativ zu bauen um die vielen originalen Bilder selber abfotografieren zu können. So kam er auch öfter dann mit seinen alten Bildern zum Fußballverein seiner Gemeinde Rot welcher er sehr Verbunden war.

Als ich Ihn kennen lernte war er gerade mit dem Modell einer Fliegerabwehrkanone des 2. Weltkrieges fertig geworden. Als er mir seine Werkstatt zeigte, zweifelte ich, ob man mit solchen teils selbstgebauten Maschinen schon arbeiten kann. Er bewies es bereits mit dem besagten Modell. Seine Werkstatt war gleich neben der Garage und war etwa gleich groß. Die große Drehmaschine baute er sich selbst. Eine Verschlussführung einer Kriegskanone diente als Support.  Der Antrieb wurde über zwei Autogetriebe gesteuert, welche aus Opel P4 stammten. Er beherrschte seine Maschine perfekt, über Tabellen las er die verschiedenen Übersetzungen der Getriebe ab und wählte seine Gänge kombiniert mit den wechselbaren Zahnrädern, welche er auch selbst herstellte. So konnte er alle gängigen Gewindesteigungen einstellen. Zusatzaggregate dienten auch dazu um Kugeln zu drehen oder andere Spezialanwendungen. 

Übersicht der Werkstatt von Stephan

Werkbank

Selbst gebaute Drehmaschine von Stephan

Übersicht der Werkstatt von Stephan

Das zweite Modell welches ich kannte und während des Herstellen beobachten durfte war ein Fahrgestell eines Heinkel Flugzeuges. Dieses Fahrwerk wurde während seiner Lehrzeit bei der Firma Leitz im ehemaligen Steigerwerk hergestellt. Bevor sich Stefan an die Maschine stellte und das Material einspannte fertigte er sich Zeichnungen der Teile an. In seinem Büro im Obergeschoss seines Wohnhauses war sein Konstruktionsbüro. So beschaffte er sich auch einen A3 Kopiere mit dem er vergrößern und verkleinern konnte. Alleine die Pläne zu dem Fahrwerk füllten mehrere Ordner. Er war ein Perfektionist beim Zeichnen und an der Maschine. Das Fahrwerk, welches er dann mit seinem Freund Franz Englert herstellte war elektrisch zu betätigen. Franz Englert war der Perfektionist für Löten, Schweißen und für die Blecharbeiten.  

Stephans Konstruktionsbüro

Büro, Archiv, Erinnerungen ...

Angeregt durch Fotos von mir, welche ich von einem zerlegten Steiger Motor fertigte, wollte er den Gedanken nicht loslassen einen Steigermotor zu bauen. Die etwa 300 Bilder überlies ich Stephan. Es dauerte mehrere Wochen welche er in seinem Konstruktionsbüro verbrachte um Zeichnungen zu fertigen. Aufgrund der mitfotografierten Größenvergleiche auf den Fotos fertigte er technische Zeichnungen des Steigermotors an. Die Zeichnungen und die Maße sind derart perfekt, dass es durchaus möglich wäre den Motor im Original zu bauen. 

Zwei langjährige Freunde: Franz Englert und Stefan Gründler. Hier am fertig gestellten Steigermotormodell.

Denn für Stephan gab es kein ungefähr in den Zeichnungen, es musste stimmen! Es sind mehrere Ordner zum Steigermotor entstanden. Die Bauzeit des Motors dauerte mehr als ein Jahr und es wurden unzählige Stunden in das Projekt investiert. Der Motor wurde schließlich im verkleinerten Maßstab 1:5 gefertigt. Ursprünglich wollte er den Motor im Original bauen, aber die Motorenmaße  konnten auf seinen Maschinen nicht umgesetzt werden. Das Modell wurde auf der einen Seite zum Schnittmodell so dass die Mechanik sichtbar wurde. Die andere Seite wurde dem Original nachempfunden. Als der Motor schließlich fertig war, war Stephan noch nicht zufrieden. So machte er sich in seinem Konstruktionsbüro daran die Zeichnungen zum Getriebe zu fertigen. Mit allen vier Gängen und dem Rückwärtsgang, natürlich in den passenden Übersetzungen. Wenige Wochen später konnte an den Motor das Getriebe angeflanscht werden. Der Motor wurde über die Lichtmaschine nun mit Kleinspannung angetrieben. Über das Gaspedal konnte die Drehzahl reguliert werden. So fräste und drehte Stephan Gründler Huthmuttern in M1 mit dazugehörigen Splinten! Der Motor ist ein Meisterstück in Sachen Feinwerktechnik! Die Huthmuttern am Getriebe wurden auch Maßstäblich nachgefertigt. Sein langjähriger Freund Franz Englert, im Bild oben links, hatte ihn bei diesem Projekt tatkräftig unterstützt. Er fertigte die Gehäuseteile und kümmerte sich um die Optik.

Stephan hatte immer irgendwelche Projekte in seiner Werkstatt. So baute er auch eine Maschine um für die Osterzeit Palmen herzustellen. Es war eine Maschine in der Kreppapierstreifen geschnitten und gefaltet wurden.

Das nächste große Projekt welches mehrere Monate dauerte war das Modell des Steigerwerks. Aus meinem Archiv stellte ich ihm Bilder und Pläne zur Verfügung. Vom Landesvermessungsamt bekam er ebenfalls Pläne zum Gelände. Die Gebäude stellte er aus Vollkunststoff her. Diese fräste er aus dem „Vollen“ natürlich nach vorher dazu gefertigten Plänen. Die Modellanlage ist etwa 4 m² groß und kann zum Transport zerlegt werden. Mit an dem Bau der Modellanlage war auch wieder sein Freund Franz Englert. Franz sorgte für die Geländegestaltung und stellte die Flugzeuge und Steigerwagen her.

Das Modell wurde an den Historischen Verein der Gesamtgemeinde Burgrieden-Rot als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Obwohl Stephan Gründler, der rechtlichen Besitzer des Modells zustimmte, dass ich es fotografieren darf, wurde dies vom Vorstand des Vereins untersagt! Dieses Foto war an der Werkstattüre von Stephan.

 

Erfahren vom Modellbau wagte sich nun Stephan auch an das Modell des ehemaligen Flugplatzes Laupheim zur Zeit des 2. Weltkrieges. Diese Modellanlage ist auch mehrere Quadratmeter groß und wie gewohnt in höchster Präzision gefertigt. Dieses Modell darf fotografiert werden! Es befindet sich im Foyer des Offiziersheims im Heeresflugplatze Laupheim.

Unzählig viele kleinere Konstruktionen und Erfindungen hat Stephan Gründler in seiner Werkstatt umgesetzt. Ich habe ihn nie sagen hören das mach ich nicht oder das kann ich nicht.

Leider wurde Stephan so auch oft ausgenutzt was ihn immer wieder enttäuschte, so war mein Eindruck. Gekrängt war er auch, dass er dann immer weniger Besuche seiner damaligen Freunde erhielt.

Stephan war ein sehr hilfsbereiter, geselliger und guter Mensch der immer ein Mehrfaches gab als er nahm. Er starb am 11. September 2010 nach einer schweren, schmerzhaften Krankheit im beisein seiner lieben Frau Wilhelmine. Sie stand immer hinter Stephan und sorgte für sein Wohlbefinden  und den Haushalt. Gerne wäre Sie mit Ihrem Mann verreist, aber er hatte immer in der Werkstatt zu tun.  Seine zweite Leidenschaft widmete Stephan dem Fußballverein Rot. Akribisch führte er dort das Archiv und hatte alle Spielstände dokumentiert. Alle Gruppenbilder wurden mit den Namen der Personen im Bild vermerkt. Diese durfte ich dann für Ihn abfotografieren. Auch für diesen Verein hat er unschätzbare Dienste getätigt. Ich hoffe, daß der Verein dies nicht vergisst.

Er hat es verdient in der Reihe der  großen "schwäbischer Tüftler und Erfinder" genannt zu werden. Nun ist er bei seinen Kollegen, wie Walther Steiger, Wilhelm Maybach und Gottlieb Daimler.

Stephan Gründler war guter hilfsbereiter Freund den ich sehr vermissen werde. 

Michael Schick

 

Dieses war ein Versuchsgetriebe für das Steiger Motorenmodell. Alle Gänge passten und hatten auch die richtigen Übersetzungen. Das Innenleben wurde dann in den Modellmotor eingebaut.